Sonntag: Tag 7 der Diabetes-Blog-Woche #DBW2019
Ein unbedachtes Wort kommt ja schon mal schnell über die Lippen.
Davon kann sich niemand freisprechen und man kann da oftmals sagen – Schwamm drüber.
Allerdings gibt es Kommentare, Aussagen und Belehrungen, die wirklich schlimme verbale Entgleisungen sind.
Ich stand bei Diabetesbeginn mit damals 38 Jahren bereits „Mitten im Leben“. So leicht konnten mich Kommentare und Sprüche also nicht verunsichern. Trotzdem war es natürlich blöd sich Sprüche anzuhören. Manchmal war ich so überrascht, dass mir auch eine Antwort fehlte. Im Laufe der Jahre habe ich gut gelernt, mit Kommentaren umzugehen. Wenn Kommentare oder Sprüche meine Grenzen überschreiten kann ich mich inzwischen auch hervorragend wehren.
trifft man meist bei Kaffeetafeln
Da war das Geburtstagskaffeetrinken bei einer Nachbarin, wo dann eine mir unbekannte Frau wissend meinte: „Ihr Vater hätte ja auch „Zucker“, sie würde sich also auskennen! Ich solle mal das Stück Torte weglassen, dann brauchte ich auch kein Insulin. Das wäre alles nur eine Frage der Disziplin“. Das war kurz nach meiner Diagnose und ich war noch mit der Mission unterwegs, den Unterschied zwischen Typ I und Typ II Diabetes zu erklären. Heute würde ich antworten „Super, wie gut sie sich auskennen“ und denken lass sie doch quatschen.
2 x in dieser Praxis haben gereicht
Ich hatte mal kurzzeitig einen Hausarzt, der keine Überweisung zum Diabetologen schreiben wollte, weil so ein bisschen Diabetes könnte er auch behandeln. Fragte mich dann aber, wer mir die Insulinpumpe implantiert hätte. Als ich ihm dann die Pumpe zeigte und erklärte ich würde mir die Katheter jeden 3. Tag selber setzen – blickte ich in ungläubige Augen. Er rettete sich dann in die nächste Frage: warum ich nicht mehr Sport treiben würde dann brauchte ich kein Insulin mehr. Tja das war dann logischerweise der letzte Termin, den ich bei diesem Arzt wahrgenommen habe. Das ist mittlerweile auch schon 15 Jahre her.
wenn man nicht weiß ob man weinen, lachen oder schreien soll
Sehr unerfreulich war eine Situation innerhalb der Verwandtschaft. Wo mir gesagt wurde, ich solle meinen „Diabetes nicht so zur Schau stellen“. Also nicht offen den Blutzucker messen und schon mal gar nicht mit dem Pen spritzen. Dieser Spruch hat mich verletzt – zumal ich beides immer sehr dezent erledigt habe. Mein Selbstbewusstsein, dass mich nicht zum Blutzuckermessen und Spritzen in eine dunkle Ecke oder auf einer Toilette verziehe – war stärker. Ich kam außerdem zu dem Schluss, dass ich nicht das Problem habe, sondern die Person, die so eine Ansage raushaut.
kennt jede/r und dieser Spruch wird nie aussterben
Kommen wir nun zu einem Sprüche-Klassiker den Menschen ohne Diabetes oft und bei vielen Gelegenheiten anwenden: „Mit Diabetes kann man doch heute so gut leben“. Mag diese Aussage noch so aufmunternd gemeint sein, ein Mensch ohne Diabetes bekommt dann regelmäßig von mir folgende Antwort: „Ja so toll, dass ihr das alle mal ausprobieren solltet“ oder „Ja das stimmt – wir sterben auch nicht mehr sofort daran“. Wenn wir als Menschen mit Diabetes untereinander über die Verbesserung in der Therapie sprechen, uns über mehr Lebensqualität und Möglichkeiten austauschen, dann sprechen wir auf Augenhöhe. Von einem stoffwechselgesunden Menschen möchte ich mir nicht sagen lassen „das ich jetzt doch mit dem Diabetes gut leben kann“.
oder wenn man plötzlich zum Cyborg wird.
Wir schrieben das Jahr 2003. Mein damaliger Freund hatte Freunde eingeladen, damit sie seine neue Freundin – also mich – kennenlernen. Meine Insulinpumpe hatte damals noch keine Fernbedienung. Ich hole also meine Insulinpumpe aus der Hosentasche und bediene die Insulinpumpe. Ein Freund meines Freundes meinte daraufhin: „Hast Du die Insulinpumpe immer am Körper?“ Meine Antwort:“ Ja hab ich“. Er darauf: “Wirklich immer?“. Ich antworte: “Ja wirklich immer“! Er guckt sehr angestrengt und meint: “Also auch bei ….. *es folgte seine mühselige Andeutung auf Geschlechtsverkehr*?“ Ich:“Ja auch dabei – 24 Stunden halt – ich könnte die aber auch zwischendurch mal für kurze Zeit ablegen“. Er völlig entrüstet: “Also nee das würde ja für ihn gar nicht in Frage kommen…….wäre ja wie Sex mit einem Cyborg zu haben“. Meine Reaktion, müdes Lächeln und im Stillen nur gedacht – was für ein Idiot.
Heute unerwähnt bleiben die Themen:
- hast Du es schon einmal mit Globuli versucht?
- Spritzen – oh je das könnte ich nicht
- also wenn das mal keine Folgeschäden sind !!! und
- Du bist so dick – bist Du sicher, dass Du keinen Typ 2 Diabetes hast?
Ist schon erstaunlich was ich alles nicht weiss! Ich hatte einen Kollegen mit Type I und Papa und Mann mit Type II und vielleicht ist mir mehr klar als manchen Leuten, aber ich lerne immer noch weiter.
Danke für dein interessantes Schreiben!!!